koennen sie sich eine frauenwelt vorstellen?

 

von blumenleere



quasi sofort draengen sich mir – ganz spontan, schon beim allerfluechtigsten lesen – nahezu synchron zwei bedingt komplementaere fragen auf: erstens, was ist das, eine frauenwelt?; zweitens, kann ich mir eine maennerwelt vorstellen?


nun habe ich mich mit max frisch vor zu langer zeit befasst, als dass ich blosz annaehernd eine sinnvolle – plausible – ahnung davon entwickeln koennte, was er denn mit dem begriff frauenwelt ueberhaupt sagen wollte. &, eine frage zu beantworten, ohne eine zumindest tendenzielle idee davon zu haben, wovon die andere persona spricht, wohin sie mit ihrer frage moechte, worin ihr kontext sich entfaltet, welcher zweck ihr vorschwebt, hat etwas leicht absurdes, kann jedoch sicherlich auch spannende effekte zeitigen. 

daher vielleicht vorweg besser zur zweiten frage: eine maennerwelt; aha!, jetzt denke ich schier automatisch – die dressuren haben ihre spuren hinterlassen! – an irgendwelche seltsamen endzeitszenarien, an klischees, an das, was mir frueher bezueglich des konzepts maennlichkeit vermittelt wurde: behaarte, muskuloese koerper, bier, aggression, waffen, autos, fuszball etc. & verharren wir in dieser simplen dualitaet, waere eine frauenwelt dann eine weichere, feinsinnigere, zaertlichere, empathischere? meint frauenwelt, es lebten dort keine maenner? oder, die welt wird von frauen regiert & es gaebe eine art matriarchat? & die maennerwelt, wiederum, waere sie das sogenannte patriarchat? soweit praktizierte ich ein wenig ping pong mit mir via medien, schule, sonstigen erziehungversuchen an konventionen vermitteltem – ergo, ich nehme an, sie haben fuer einige menschen bedeutung. & ich merke, meine lust, mich wirklich auf die frage an sich einzulassen, wird zunehmend klein.

warum? weil ich die frage nicht beantworten kann, ohne jemandem unrecht zu tun - habe ich ja immerhin bereits reflexartig, spontan, meinen alltag nach wie vor primaer dominierende momente involvierend, zahllosen sich als maenner bezeichnenden unrecht getan, indem ich grobe klischees reproduzierte, mit denen sich wohl kaum alle bedingungslos identifizieren moegen werden. denn welchen ansatz koennte ich waehlen, um die frage wirklich sinnvoll & allgemein wertschaetzend zu beantworten? sollte ich die ominoese frauenwelt etwa darauf aufbauend beschreiben, welche rollen dem konstrukt frau damals zugewiesen wurden &, mitunter, auch heute noch werden? ok …, doch, in welcher kultur genau, in welchem speziellem umfeld, in welcher tatsaechlichen individuellen lebenswelt? &, wuerde ich z.b. postmoderne feministische ideen zur grundlage machen wollen, wuerde ich klaeglich scheitern, da meine diesbezueglichen kenntnisse nicht detailliert genug sind - vollkommen abgesehen davon, dass ich dann wiederum blosz eine facette von unendlich vielen vorstellbaren abbildete. folglich naehere ich mich zwangslaeufig dem an, was meiner aktuellen persoenlichen perspektive entspricht.

zwei voneinander getrennte geschlechter, nach dem entweder-oder-prinzip, finde ich, trifft keinen einzigen realen menschen – dafuer normen, zwaenge, raster, in die wir kuenstlich gezwaengt werden; rollen, die wir spielen, zu denen gewisse erwartungswerte zu gehoeren scheinen –; am eigenen beispiel: ich betrachte mich weder als mann noch als frau, werde im real-life jedoch fast ausschlieszlich als mann gelesen.
gewisse eigenschaften gewissen – mit menschen/lebewesen assoziierten & letztlich virtuellen – kategorien, wie mann & frau, zuzuschreiben, hat m.e. primaer mit gesellschaft, kultur & praegung zu tun; die auf unserer welt herrschende vielfalt an lebensentwuerfen & identitaeten zeigt dahingegen wenigstens den hauch der moeglichen tatsaechlichen diversitaet.

max frisch mag ich hierbei gar nicht zu viel unterstellen – er hat mich nie begeistert, dadurch ist mein interesse an ihm, seinen intentionen & seinen weltanschauungen (plural, weil ich davon ausgehe, sie haben sich im laufe seiner existenz veraendert) praktisch nicht vorhanden. das von mir hier geschriebene bleibt eine vage grundsaetzliche reaktion auf die oben gestellte frage. & es machte eben – entsprechend meine dennoch vorhandene konzentration auf die persona dahinter – einen gewaltigen unterschied, ob z.b. ursula k. le guin sie stellte oder papst franziskus. bei papst franziskus wuerde ich aufgrund meiner vorurteile den drohenden zeigefinger vermuten – o, ein schreckenszenario! –, bei ursula k. le guin eine geschickte falle, um mich aus festgefahrenen bahnen zu locken. & bei max frisch?