DIALOGISCHES SCHREIBEN


In unserem Magazin wollen wir mit den Schreibenden in einem Dialog ausloten, was entsteht, wenn Texte zueinander in Beziehung treten - unter anderem, indem wir gemeinsam an thematisch gerahmten Schreibprojekten arbeiten. Die aktuellen Projekte und die dazugehörigen Schreibimpulse findet ihr hier:

Das Doc(k)

Schreiben ist gewissermaßen immer bereits ein Schreiben im Dialog. Ob anknüpfen an die Ideen eines Textes, den wir zuvor gelesen haben oder inspiriert von einem Kaffee-Gespräch mit Freund:innen. Diese Wechselseitigkeit und Vielstimmigkeit anerkannt, lässt das Bild des einsam produzierenden Genies, das nur genug Ruhe und Rückzugsort braucht, um den nächste großen Roman zu verfassen, bröckeln. Noch stärker bröckelt es, wenn wir tatsächlich, aktiv gemeinsam schreiben und diese Gemeinsamkeit nicht heraus glätten, um am Ende einen abgeschlossenen, gradlinigen Text in Händen zu halten, sondern das Dialogische und das Prozesshafte an Textproduktionen sichtbar machen. Genau das wollen wir in diesem Schreibprojekt tun, in dem wir Schreibende einladen uns ihre in Co-autor:innschaft oder im Kollektiv entstanden Texte zu schicken und auch dazu ermutigen, ein Thema in digitaler Gleichzeitigkeit zu (be-)schreiben, beispielsweise in einem Google Doc. [Danke an dieser Stelle an writing with CARE/RAGE für die Inspiration zu diesen digitalen Schreibexperimenten.]

Hinter den Kulissen

Skizzen bekannter Maler:innen werden längst zu eigenen Ausstellungen, dokumentarische Musikalben reflektieren deren Kompositionsprozess und Filme werben mit Out-takes und nicht verwendeten Szenen. Nur Texte begegnen uns meistens in einer Form, in der sie unantastbar oder vollendet erscheinen: als gesetzte Artikel in der Zeitung oder als bereits lektorierter Text in einer Druckfahne. Dabei werden die meisten Texte in einer Art geistiger Co-Autorschaft entwickelt. Ob im Gespräch mit Freund:innen und Kolleg:innen, zu einem Musikstück, das im Hintergrund der Schreibszene läuft, als Reaktion auf Sätze anderer Autor:innen – Texte sind gewissermaßen immer eine Symbiose aus ausgetauschten Gedanken und den Umständen, unter denen sie sich entwickeln. Wir möchten gemeinsam hinter die Kulissen des Schreibens blicken und über die Bedingungen des Verfassens selbst schreiben, von kleinen Situationen des Textens bis zur sozio-ökonomischen Prekarität, welche das Schreiben oft begleitet – und laden ein, auch gerne einmal einen unfertigen Text zu zeigen.


Frische Fragebögen

Eine der besten Übungen, um weg von starren Konzepten zu kommen, ist der offene Dialog. Der fällt nicht immer leicht, schon gar nicht, ohne die richtigen Fragen parat zu haben. Eine der wohl bekanntesten Anleitungen zum reflektierten Gespräch sind Max Frischs Fragebögen. Seine Fragen sind dabei so zeitlos wie unzeitgemäß. Deshalb wollen wir diese Fragen, die zum Ins-Gespräch-Kommen über Leben, Tod, Freundschaft, Politik und zwischenmenschliche Beziehungen einladen, zum Ausgangspunkt des Schreibens nehmen und sie in Form von Antworten oder kritischen Infragestellungen der Fragen selbst gemeinsam bearbeiten. Ob zu Fragen der Umwelt und des Klimas oder zu feministischen Schwerpunkten – diese Fragebögen bieten Fläche, die sich im Schreiben bespielen lässt.


Wiederholung(en)

Wiederholungen formen unseren Alltag und erzeugen unter anderem das, was wir Gewohnheiten nennen. Doch Wiederholungen erzeugen immer auch Differenz, weil sie Vorangegangenes nie deckungsgleich reproduzieren, vermeintlich Gleiches in neuen Umständen rekontextualisieren.

In unserem neuesten Schreibprojekt geht es deshalb um Kontinuität und Bruch - um Wiederholung und Differenz. Thematisch sehr frei, können hier Texte Platz finden, die sich zum Beispiel damit auseinandersetzen, was passiert, wenn man ein altes Lieblingsbuch erneut zur Hand nimmt, wie es ist, einen Film erneut zu sehen und zu merken, dass man seine Erzählweise oder seine Narrative nicht mehr ansprechend oder sogar schwierig findet, oder auch ganz freie Projekte, die sich mit dem Spannungsfeld zwischen Repetition und Abweichung beschäftigen.