ein sand in jede pore,
ein halm in jedes haar

von Mio Costa

im osterfeuer hatten wir unsere kalender verbrannt, seitdem gibt es nur heutes. die sonne is coming out of the closet und wächst an der frischen luft zu was großem. wir hängen uns dran und verlieren unsere schuhe wie in einer achterbahn schwingen uns auf den größten lichtstrahl wie nils holgersson auf seine gans und fliegen insfrarot, diagonal.

heute folgen wir blauen dingen durch die stadt, setzen uns in die unklimatisierte metro und halten-an-stellen. halten stellen, lehnen köpfe ans fensterglas folgen dem blau bis endstation grün. du machst field recordings ich schreib mohnblumen und margeriten zu proser. aus halmen und blüten zupfst du zwei rosarote brillen, die schiebn wir uns schief auf die nasen. wir füllen die wiese in unsere taschen, lüften das grau aus den lungen, sammeln pause wie erinerrungssnacks für später, und das muss fürs erste reichen. die sonne untergeht über den horizont und wir irgendwann doch zurück zum asphalt, zu den kränen.
unter der decke rappen wir flüsternd impovisierte stücke und lachen einander in den mund.

heute und heute und heute üben wir endlich wieder wind mit der zunge fangen. mediterran, extraterral. legen ein sand in jede pore, ein halm in jedes haar. schmelzen auf dem großen marktplatz und einen an die waffel machen wir camouflage in kleinteilig bunten läden große augen, friemelkram, ich sehe etwas, das du nicht sehen kannst klebe dein lachen an den postkartenbauch und adressiere es heimlich an mich selbst.

unsere füße finden neue wege auf altem pflaster, es ist abwechselnd warm und heiß. einmal am tag sage ich aufgeregt „hier riecht`s wie früher!“ dann schnüffelst du vorsichtig und machst heimlich auf der karte ein kreuz.

wir tragen nichts außer unsren klamotten und gemeinsam das gewicht unsrer hände. wir sind gleichgroß, unsere schultern halten und lehnen abwechselnd und wenn ich dich von hinten umarme muss ich nur ganz bisschen auf die fußspitzen, um meinen kopf in die kuhle zwischen hals und schulter zu legen.

wir mittagspausen im schatten, hängen den schweiß zum trocken auf. häkeln einander luftige schnauzer, maßgetreu und üben mit ihnen haferschaum schlürfen. wir machen alles offline, die riesige landkarte wird handtuch, ich trockne dich mit dem po-delta und du mich mit venezia. du legst mir deine sommersprossen sprosse für sprosse, sommer für sommer auf die zunge, rollst meine wimpern in den tabak deiner zigaretten. Am wasser buddeln wir, bis wir in unseren kühlen tunnel passen und sitzen mit geschnittener melone da unten. wir sammeln meersalzvorrat mit der oberfläche: trocknen und nächste schicht drüber. „dass es für fade tage reicht“, sagst du immer.

wir schwitzen mehrsalz, so lassen sich pflaster leichter anheben und (weg)spülen.
erst trennen uns die häuser und die dächer von der sonne und dann trennt die zeit mich von dir.

ich trau mich nicht die töpfe zu säubern die gläser die gabeln die löffel die tupper die

dosen deinen letzten speichel wegzumachen deine wimpern wegzupusten zum staub, deine durchsichtigen fußabdrücke mit dem besen zu kehren, obwohl die straße längst darin übrig ist, zwischen die fliesen gekullert. deinen letzten speichel, den ich so lange vermisst und jetzt wieder misse, mein herz, sag trocknest du dich noch genauso wie früher, die beine zuerst? wenn du abends mit müden füßen durch deine wohnungstür trittst und summst woran denkst du?
und ich hier in mediterranen fliesen so kalt wie meine lippen ohne deine haut, mein nacken verspannt ohne deine daumen, weißt du. ich habe mir letztens einen kalender gekauft.

deine letzte memo hänge ich an den baum vor meiner wohnung, dein „pass ganz doll auf dich auf“ lege ich in die kommode im flur. unter der tischtennisplatte in meinem hinterhof habe ich deine lachfältchen versteckt, an meiner eingangstür, den sprenkel in deiner pupille. dein lachen nehme ich mit ins zimmer und hänge es in den schrank, damit es in alle fasern meiner hoodies, handtücher und caps, meiner wollsocken, boxershorts und sweats, sickert in krawatten und taschen und jede faser jede naht besetzt.

du sagst, du schreibst mir briefe, die du dich nicht traust abzuschicken, dass du dich nicht traust, nicht traust und ich muss lachen, weil ich mein kleines bäuchlein vermisse, das an deinem körper ist, und meine linke hand, die zu dir gehört und meine wade, die an deinem bein ist und frag mich, ob mein körper eines tages an meiner hautoberfläche enden wird.

ich hoffe du weißt, dass ich nachts die wände abhör, meine flusen befrage wie ein orakel, ob sie glauben, dass wir uns wieder sehen. meine flusen, die haben dein stöhnen gehört, meine wände halten sich noch daran fest und wenn ich mich in meinem fenster spiegele, sehe ich manchmal aus wie du.

ich liege mit dem rücken auf dem boden und versuche deine schritte zu spüren. gehe in die küche und drücke sprudel ins wasser, weil du das immer mochtest und schlucke pritzelnde kohlensäure damit ich meine feuchten augenwinkel so auf den harten sprudel schieben kann. nichtmal beim zwiebelschneiden hast du geweint, manchmal glaubte ich du hattest da eine hornhaut.